Frau Kilian war auf dem Weg zum Schlachter. Sie hatte rein gar nichts mehr zum Abendbrot. Schick hatte sie sich gemacht. Obwohl sie auf die Siebzig zu ging, war sie noch eine nette Erscheinung. Ihre ausgewählte Garderobe hatte sie mit einem kessen Hütchen gekrönt.

Ja, wer kam ihr denn da entgegen? „Guten Tag auch, Frau Weißbier. Wollen Sie auch zum Einkauf?“ „Oh nein, ich will mir nur die Füße ein wenig vertreten. Und die frische Luft wird mir gut tun. Und vielleicht beruhigt sich auch mein Magen.“ „Ja, was haben Sie denn mit Ihrem Magen?“ „Er zwickt mich halt ab und an. Trinke schon öfter Kamillentee.“ Frau Kilian fand das mit dem Tee eigentlich in Ordnung, doch da schoss ihr ein Gedanke durch den Kopf: Lakritze! Lakritze soll ja den Magen beruhigen. „Ja, Frau Weißbier, da kommt mir doch eben ein Gedanke in den Sinn. Wie wäre es mit Lakritze?“ „Lakritze? Das schwarze Zeug soll helfen? Obwohl, mögen tue ich es ja schon. Sind ja auch gute Zutaten drin. Süßholzextrakt und so. Aber wo bekomme ich denn so schnell Lakritze her?“

Da konnte Frau Kilian ihr aushelfen. „Da hat doch direkt in der Barmbeker Straße ein Laden eröffnet mit jeder Menge Lakritze.“ „Das hört sich aber gut an, Frau Kilian. Da sind wir doch gar nicht so weit von ab. Wollen wir da nicht mal eben vorbei gehen?“ „Na klar, und wenn er uns gefällt, ich meine der Laden und seine Inhaberin, kann man doch mal ein bisschen drüber schnacken. Man muss doch solche Leute unterstützen, die in der heutigen Zeit so viel Mut aufbringen und sich selbstständig machen.“ „Ja, das stimmt“, sagte da Frau Weißbier, „ich habe bloß gar kein Geld bei mir. Wollte doch eigentlich nur ein Stück laufen.“ „Na“, meinte da Frau Kilian, „das soll doch Ihre kleinste Sorge sein. Habe eben ein größeres Scheinchen eingesteckt. Wenn Sie das nun nicht gleich übertreiben mit Ihrem Einkauf in der Lakritzerie, borge ich Ihnen doch gerne etwas.“ „Das finde ich ja zu und zu nett, Frau Kilian. Umgehend bringe ich Ihnen das geliehene Geld zurück.“

Und so geschah es, dass die beiden Damen sich das Leben versüßten. Und wenn Frau Kilian in ihrem Kegelverein und Frau Weißbier in ihrem Häkelklub ein bisschen Reklame machen, sollte die Lakritzerie doch ordentlich „in die Gänge“ kommen.

Geschrieben von Frau Käthe Czinczoll, Norderstedt