Ein Leben ohne Lakritz – nichts für mich!

 

Unser Sommerurlaub und alle auf einen Markt. Meine Mutter läuft vor mir. Es ist voll und so laufen wir schweigend über den Markt. Unsere Blicke treffen sich, teilen mit, was unser Auge erfreut, wo unser Mund beteiligt ist, wo der Magen sich weigert.

Mama bleibt plötzlich an einem Stand wie angewurzelt stehen. Sie schaut sich die Ware gut an, zeigt mit ihren Fingern auf mir völlig unbekannte schwarze Gebilde. Ich trete näher an den Verkaufsstand. Sie erhält drei pralle Tüten dieser fremden Wesen. “ Kann ich eins haben?“ frage ich. „Ja, selbstverständlich“. Sie streicht mir meine Haare aus dem Gesicht. Als ich das erste Stück in den Mund schiebe, bin ich erstaunt. Ich dachte es sei süß. Ich lag aber falsch. In meinem Mund bildete sich eine klebrige Masse, die durch den Speichel und das Kauen immer intensiver salzig wurde. Ich war überwältig. Ich griff erneut, ohne zu fragen in die Tüte, die Mutter mir überlassen hatte. Ich steckte ein schwarzes Gebilde nach dem anderen in meinen Mund. Eine salzige Geschmacksexplosion hervorgerufen, durch wahlweise kleine, oder große Figuren, Münzen, Rauten, Kegel, und Salz, Salz Salz. Der Träger dieses Stoffs war mir letztendlich egal. Hauptsache ich hatte Lakritz im Mund.

Später im Leben entdeckte ich eine bestimmte Sorte von Lakritz. Eine Figur, der ich nicht widerstehen konnte. Männeken Piss.

Ein schwarzer Junge, strullend. Seine Größe. ca. 5 cm. Mit fester Kontur, die die Zähne zu durchbrechen hatten. Dann eine unglaubliche Masse, genug um meinen erfahrenen Mund zu füllen und Wohlbefinden auszulösen. Manchmal wurde es gefährlich, das Kerlchen. Dann floss ungehemmt der Speichel, es versagte die Stimme. Zuviel der zusammengebissenen Zähne. Mach den Mund auf! In Zeiten der Sparsamkeit zerschneide ich mein Männeken in drei Teile. Eines esse ich morgens, eines mittags….Sie ahnen sicher, wie meine Vorratskammer ausgestattet ist.

 

Barbara Rossi

Sylt, Oktober 2013